Credit: Stage Entertainment |
Chantal Janzen ist ohne Frage der Star der Produktion und als ‚Holland’s Darling‘ wohl prädestiniert für die Rolle der Glinda, die sie scheinbar mühelos füllt. Zwar wirken die Anfangstöne (noch) minimal unsicher und bei mir schwingt immer ein wenig die Angst mit, dass ihr gleich die Stimme versagt, doch sie schafft es mit Anmut und danach geht es sehr schnell sehr steil bergauf. Sie holt so unglaublich viele komische Momente aus dieser Rolle heraus, wie es mir vorher nie möglich erschien, und auch wenn sie manchmal schon leicht an der ‚too much‘-Grenze schrammt, so überwiegt doch der Spaß, den sie mit ihrer Darstellung auslöst. Wunderbar ignorant, selbstverliebt und stellenweise ein bisschen ‚socially awkward‘ (wenn sie zum Beispiel am Anfang von ‚Tanz durch die Welt‘ versucht, Fiyeros Hand zu greifen, wenn er nicht schaut – lauter so kleine Gesten) ist sie eine Glinda, wie ich sie mir immer gewünscht habe, denn bei all der Witzigkeit schafft sie trotzdem glaubhaft die Wandlung, die die Rolle durchmacht; die Erste, bei der ich das wirklich so schön erkennen konnte.
Credit: Roy Beusker |
Ihr gegenüber stand Renée van Wegberg als Elphaba. Schon allein ihre äußere Erscheinung passt zu der Rolle, wie Rosa zu Grün: groß, dünn, schon fast schlaksig, hübsch auf eine dezente Art und Weise, im ersten Moment vielleicht ein wenig unscheinbar und sogar die Hautfarbe steht ihr super. Die Lieder passen wunderbar zu ihrer Stimme und die eine oder andere Unsicherheit sei ihr verziehen, denn so viele Shows hat sie ja auch noch nicht unbedingt gespielt – dafür war die Interpretation wirklich sehr ausgereift. Jede Sekunde habe ich ihr die Rolle vollkommen abgekauft und konnte gar nicht genug davon kriegen. Ich meine, dass sie gut ist, hatte ich ja (natürlich) erwartet, aber dass sie das Ding so rockt; wow! Hoffentlich sehe ich sie bei meinem nächsten Besuch im holländischen Oz auch, denn auch wenn Willemijn ohne Frage genial in dieser Rolle ist, gefällt mir Renée wohl doch besser, gerade weil sie nicht völlig makellos ist.
Jim Bakkum als Fiyero ist… okay, aber mehr irgendwie auch nicht. Abgesehen davon, dass mich noch kein Darsteller in dieser Rolle wirklich vom Hocker gerissen hat, geht er zwischen den beiden Damen richtig unter und wirkt ziemlich blass, sowohl stimmlich, als auch darstellerisch, obwohl er optisch schon in die Rolle passt.
Vollends überzeugt hat mich hingegen John ter Riet als Zauberer. Zwar ist er nicht Erstbesetzung, sollte es meiner Meinung nach aber auf jeden Fall sein, denn er hat mir die Rolle, die mir im Stück normalerweise am wenigsten gefällt, so schmackhaft gemacht, dass ich mich immer wieder darauf gefreut habe, wenn er auf die Bühne kam. Nicht nur seine Stimme hat mir echt gefallen, sogar die Tanzeinlage bei „Wundervoll“ wirkten bei ihm in keinster Weise aufgesetzt, sondern total natürlich und zum ersten Mal habe ich mich bei dem Song nicht zu Tode gelangweilt.
Als seine miese Handlangerin stand mit Penny Vos ebenfalls ein Cover auf der Bühne. Alles in allem hat sie mir ganz gut gefallen und die Rolle zufriedenstellend abgedeckt.
Viel zu kurz kam mir im Stück definitiv Christanne de Bruijn (Nessarose). Schon allein äußerlich ist sie ideal, denn sie ist wirklich eine ‚klassische Schönheit‘, ihre Stimme ist glasklar und auch schauspielerisch schöpft sie die Rolle voll aus. Ich finde bei ihr vorallem die ‚Böse Hexe des Ostens‘-Szene toll, denn bei ihr erscheint es wirklich so, als würde sie nach Elphabas Zauber das erste Mal überhaupt laufen und auch danach schwankt sie immer noch ein wenig, das hat mich zum Beispiel bei den (meisten) deutschen Nessas gestört, die sind dann nämlich sofort ‚normal‘ gelaufen. Eindrucksvoll auch wie sie richtig aus der Haut fährt, nachdem Moq ihr gesteht, dass er zu Glinda will.
Eben erwähnter wurde von Niels Jacobs gespielt und der hat mir echt richtig richtig richtig gut gefallen. Er stellt wunderbar die Verliebtheit dar, die er für Glinda empfindet, die Tatsache, dass er alles für sie tun würde. In ihrer Nähe ist er unbeholfen und stellenweise peinlich, später resigniert; diesen Wandel zeigt er wunderbar.
Die Riege der Hauptdarsteller wird von Jochem Feste Roozemond als Dr. Dillamond komplettiert, der seine Rolle gut zu füllen weiß.
Credit: Roy Beusker |
Insgesamt ist das gesamte Ensemble durchweg hochwertig besetzt, die Orchestrierung hat sich im Vergleich zu Oberhausen stellenweise zum Positiven (zurück-)verändert – so zum Beispiel bei „Gutes tun“ – und auch die Übersetzung ist durchaus gelungen. Ich kann nur jedem wärmstens empfehlen, sich die Show in Scheveningen anzusehen, denn im Vergleich zu Oberhausen hat sie wirklich wieder extrem gewonnen und schließlich ist Wicked schlicht und einfach ein unfassbar schönes Musical.
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