Samstag, 31. Dezember 2011

Rebecca, Stuttgart, 29. Dezember 2011

Credit: Stage Entertainment
Wie fängt man am besten an, über etwas zu schreiben, worauf man sich eine wirklich lange Zeit gefreut hat, die - zugegeben sehr hoch gesteckten – Erwartungen aber nicht (ganz) erfüllen konnte!?
Natürlich kann man die Produktion nicht als ‚schlecht‘ bezeichnen, doch auch nicht als genialen Meistergriff. Klar kenne ich die Wiener Gesamtaufnahme und habe außerdem das ein oder andere Filmchen gesehen, woraus resultiert, dass ich vor allem Susan schon fast für das vergöttere, was sie aus der Rolle der Mrs. Danvers rausgeholt hat. Zusammen mit der Tatsache, dass ich Pia nun schon einige Zeit ‚kenne‘, hatte ebendiese eine dementsprechend schlechte Ausgangslage, was meine Meinung über sie in der Rolle anging und die konnte sie auch nur teilweise wieder wettmachen.
Schauspiel war bei Pia Douwes schon immer das Segment, was mir am besten gefällt und dem war auch als Mrs. Danvers wieder einmal so, mit der Einschränkung, dass es mir manchmal einfach zu viel war; zu viel Leiden, zu viel creepig große Augen. Stimmlich hat sie für meinen Geschmack immer noch eine Spur zu viel Vibrato und teilweise wirkt sie bei den hohen, langen Schlusstönen (die aber zugegebener weise auch echt gemein sind) für mich so, als müsse sie wirklich kämpfen, um die Töne sauber über die Bühne zu bringen. Doch (natürlich) gab es auch Momente, die mir echt gefallen haben:
Credit: Stage Entertainment
‚Rebecca‘ und das Finale I. Akt (wo sie in der 2. Show schon auf der Hälfte im stockdunkeln stand, weil irgendwer einfach mal das Licht auf der Bühne ausgemacht hat), sowie die Reprise von ‚Rebecca‘, was vielleicht daran liegen mag, dass die Lieder (beziehungsweise das ‚Rebecca-Motiv‘ generell) einfach geniale Gänsehautbringer sind. Wie sie Lucy angestarrt hat, als wolle sie sie auffressen und immer so um sie rumgeschlichen ist, da hatte ich wirklich ein bisschen Angst (um Lucy). ‚Ich hör dich singen‘, nachdem sie sich – wieso auch immer – erst mal auf dem Balkon den Dutt aufgemacht hat, fand ich komisch intoniert, schien aber wohl Ausdruck des aufkeimenden Wahnsinns und somit gewollt gewesen zu sein.
Lucy Scherer gibt eine gute ‚Ich‘, wenn es auch ein paar Momente gibt, wo die nölige Glinda-Stimme nochmal kurz aufblitzt, aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein. Manchmal wirkt ihr Schauspiel ein wenig komisch (oder eher wirkt es so, als wäre sie von der Regie da ziemlich im Regen stehen gelassen worden), zum Beispiel wenn sie bei der ‚Rebecca‘ Reprise komisch zurücktaumelt und dann so aussieht, als hätte sie nach einem Schuss in den Oberschenkel noch einen Marathon gelaufen. Auf weiten Strecken von Maxims Soli wirkt sie manchmal, als wüsste sie nicht richtig, was für Emotionen sie zeigen soll/will. In Punkto Stimme kam es mir öfter vor, als würde ihr jede Sekunde die Stimme brechen; Wietskes wunderschöner klarer Sopran ist da aber natürlich auch eine Hausnummer!
Arvid Larsen als Maxim de Winter zeigt eine solide Leistung mit kräftigem, gut intoniertem Gesang und Schauspiel im durchschnittlich guten Bereich – manche Gesten/Bewegungen wirken doch arg abrupt oder gekünstelt (die typische ‚Boybandhand‘). Als er sich dann bei ‚Kein Lächeln war je so kalt‘ so richtig in Rage gesungen hatte, hakte es hier und da mal ein wenig am Text, beziehungsweise der richtigen Aussprache, insgesamt hatte er aber nicht so einen starken Akzent wie befürchtet (berichtet).
In der Rolle des Ben war Daniele Nonnis zu sehen. Gesang und reines Schauspiel waren gut, lediglich seinen ‚Text‘ habe ich ihm nicht so ganz abgekauft, irgendwie.
Hannes Schaffner (Jack Favell) war nicht annähernd so schleimig, charmant und hinterlistig, wie ich mir die Rolle gewünscht hätte und so wirkte auch ‚Eine Hand wäscht die andre Hand‘ nicht so gut, wie es hätte sein können – schade.
Jörg Neubauer hat mir als Frank Crawley gut gefallen, ebenso wie Udo Eickelmann (Giles), der seiner Rolle die nötige Portion Humor scheinbar mühelos verliehen hat.
Dass Kerstin Ibald nicht da war und stattdessen Claudia Stangl als Beatrice auf der Bühne stand, hat mich zuerst enttäuscht, sie hat die Rolle aber wirklich gut gemeistert und entsprach zumindest vom rein Äußerlichen her im Endeffekt mehr meiner Vorstellung von Maxims Schwester – Kerstin ist mir nämlich schon fast zu hübsch für die Rolle).
Mrs. Van Hopper Isabel Dörfler war mir streckenweise nicht ‚quietschig‘ genug, hat aber insgesamt eine gute Vorstellung abgeliefert.
Zum Ende hin noch ein paar Sachen, die mir generell an der Vorstellung beziehungsweise Inszenierung aufgefallen sind:
Nach ‚Gott, warum?‘ musste die Mittagsshow kurz unterbrochen werden, weil sich das Bühnenbild partout nicht bewegen wollte.
Die Choreos sind teilweise irgendwie echt unnötig und dazu irgendwie mies – müssen die Angestellten wirklich bei jeder Gelegenheit erst mal wieder ein Tänzchen aufführen (persönliches Highlight sind die 3 Putzdamen, die sich bei ‚Die neue Mrs. De Winter‘ einmal kurz über den Boden rollen)?!
Credit: Stage Entertainment
Die meisten Kostüme wollen mir auch nicht so richtig gefallen. Vielleicht bin ich da aber auch einfach nur zu sehr verwöhnt von anderen Stücken.
Das Bühnenbild ist … okay, aber dafür, dass die Bühne so riesig ist (oder zumindest so wirkt), hätten sie an manchen Stellen noch mehr oder was anderes machen können. Sehr gut gefallen hat mir Rebeccas Zimmer mit den Vorhängen und der Moment, in dem sich das Fenster/der Balkon gedreht hat (ich hab ja sowieso ein Faible für Drehbühnen).
Dass sie den Zug am Ende als Projektion eingeblendet haben, fand ich wiederrum passend und auch die auf den Vorhang geblendete Telefonzelle, ‚in‘ der die Ich steht, war schlau umgesetzt.
Natürlich geht absolut Nichts über die Wiener Treppe, die aus der Unterbühne hochkommt, aber auch das haben sie in Stuttgart einigermaßen clever gelöst und es tut der Show keinen wirklichen Abbruch.
Das Schlimmste an der ganzen Produktion sind definitiv die größtenteils äußerst fragwürdigen Textänderungen – persönliches ‚Highlight‘ ist hier ‚Sie war gewohnt, geliebt zu werden‘. Der Text passte nicht im Geringsten mehr zur Musik (es war schlicht zu viel Text für zu wenig Musik), aber wer’s unbedingt braucht…
 Auch das ‚große Finale‘ des Stück – Manderley in Flammen – fand ich eher komisch als atemberaubend. Ja okay, die Treppe brennt schön und es knallt ordentlich, aber der Kronleuchter wird so langsam heruntergelassen, dass es überhaupt nicht aussieht, als würde er fallen. Und wie Pia dann ‚hinfällt‘, da könnte sie sich auch gleich vorsichtig flach auf eine Stufe legen, das wär genauso ein echter ‚Hinfaller‘. Und ich bezweifle stark, dass Mrs. Danvers sich so einfach von Rebeccas Nachthemd trennen würde und es die Treppe runter schmeißt – die Lösung in Wien, dass sie es selbst trägt, erschien mir da weitaus naheliegender.

Credit: Stage Entertainment
Und irgendwie scheinen Kunze/Levay, oder die Menschen, die deren Stücke inszenieren, es mit Masken zu haben, denn beim Prolog hat das Ensemble im Hintergrund fast die gleichen Masken auf, wie bei ‚Hass‘ in Elisabeth.
Insgesamt ist Rebecca in Stuttgart ... okay. Nicht der Inszenierungsknüller schlechthin und auch die Besetzung ist nicht immer unbedingt optimal gewählt (wenn ich mir vorstelle, dass andere 140€ dafür bezahlen müssen – dass würde ich dafür nie ausgeben!), aber das Stück an sich ist einfach grandios und ich hoffe auf eine baldige Spielzeit in den Niederlanden oder London.

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