Dienstag, 7. August 2012

Les Misérables, London, 18. Juli 2012

Credit: screenrant.com/Mackintosh
Les Misérables ist eines der Stücke, die ich nun schon seit einiger Zeit sehen wollte und als dann klar war, dass es kurz vor den Olympischen Spielen wegen der drohenden Schließung von Ghost nochmal eben spontan nach London geht, stand es ganz oben auf meiner Liste und so war es die erste Show von insgesamt vier, die ich den beiden Tagen besucht habe. Mit £45 war die Karte die mit Abstand teuerste, mir angesichts des nahezu perfekten Platzes in Reihe 7 Mitte das Geld aber definitiv wert. Als ich den Saal betrat war ich nach gut zweijähriger London-Abstinenz erst mal wieder begeistert über die Schönheit des Theaters – im Vergleich dazu sind die meisten Häuser hier in Deutschland ein schlechter Witz! Doch nicht nur mein Platz war super, sondern auch mein Sitznachbar: 16 Jahre, aus Schottland und ebenfalls auf Musicalreise, worüber wir uns dann auch erst mal ordentlich austauschten.

Credit: princetoninfo.com/Mackintosh
 Da mir die Musik von Les Misérables in letzter Zeit wirklich ans Herz gewachsen war, stellte sich bereits bei den ersten Tönen des Orchesters die obligatorische Gänsehaut ein, entgegen aller Erwartungen war ich aber – im Gegensatz zu Scott aus Schottland neben mir – nicht sonderlich begeistert und es dauerte einige Zeit, bis ich in das Stück hineinfand und meine wohl utopischen Erwartungen mit dem Geschehen auf der Bühne vereinbaren konnte. Ehrlichgesagt war ich – vor allem am Anfang – schlicht von mehr Bühnenbild ausgegangen, was sich jedoch im Verlauf des Nachmittags als nicht nötig erwies, da das Stück auch so zu wirken weiß. Sehr gefallen hat mir die Szene der Barrikadenkämpfe, auch von der Ausstattung her, und natürlich musste ich bei den ganzen Toten mal wieder das ein oder andere Tränchen verdrücken.
Chris Holland konnte als Jean Valjean (u/s) nicht von Beginn an überzeugen, was aber wohl weniger an ihm, als viel mehr daran lag, dass ich die 25th Anniversary Aufnahme bis zum erbrechen gehört habe und sie wirklich liebe. Als ich es dann aber mal geschafft hatte, mich auf ihn und seine Darstellung einzulassen, gefiel er mir echt gut. Seine Stimme ist angenehm und stark genug, um ohne Probleme mit den Liedern klarzukommen; das Schauspiel ist intensiv und haucht der Rolle das nötige Leben ein.
Ihm gegenüber stand Tam Mutu (Javert), der ebenfalls eindrucksvolle zeigte, wieso er es verdient hat, dort auf der Bühne zu stehen und wie gut er das tut. Besonders bei Javert’s Suicide stand mir des Öfteren der Mund offen, angesichts dessen, was er aus der Szene emotional so alles rausholt – großes Kompliment! Außerdem finde ich auch optisch einfach unglaublich passend, wieso kann ich selbst nicht genau sagen.
Credit: fanpop.com/Mackintosh
Weniger überzeugen konnte mich hingegen leider Sierra Boggess als Fantine. Sie hat natürlich keine schlechte Stimme, ganz im Gegenteil, aber meiner Meinung nach passt sie eben nicht richtig zur Rolle. An den tiefen Stellen, die nun mal vorhanden sind, musste sie wirklich kämpfen (was auch nicht unbedingt schön anzusehen war, sondern eher einem mittelschweren Exorzismus glich). Größtenteils war es mir zu klassisch, zu viel Vibrato, kurz: zu viel Phantom! Auch ihr Schauspiel empfand ich oft als ‚unschön‘, vor allem die Sterbeszene habe ich ihr überhaupt nicht abgekauft. Schade eigentlich, denn nach all dem Positiven, das ich über sie im Bezug auf andere Rollen beziehungsweise generell gehört hatte, war ich auf sie besonders gespannt und sehr erfreut, ihren Namen auf der Besetzungsliste zu lesen.
Marius (Craig Mather) und Cosette (Samantha Dorsey) waren… gut, aber ich kann den Rollen an sich leider nicht sonderlich viel abgewinnen, weshalb ich auch nicht allzu viel dazu zu sagen habe.
Wunderbar fand ich Liam Tamne als Enjolras, der nicht nur eine wirklich tolle Stimme, sondern auch noch das schauspielerische Talent hat, die Entschlossenheit und den Kampfeswillen seiner Rolle rüberzubringen – also ich wäre sofort mit ihm auf die Barrikaden gegangen… ;)
Obwohl ich On My Own als Song gar nicht mal so mag (I Dreamed A Dream ist mir da 1000 Mal lieber), hat er mir, gesungen von Danielle Hope (Eponine), erstaunlich gut gefallen und auch sonst war ich voll auf ihrer Seite – sie hätte viel besser zu Marius gepasst!
Ähnlich ging es mir mit den Thénadiers (Cameron Blakely und Nicky Swift (u/s)). Auf der CD drück ich während deren Liedern immer schnell auf ‚Weiter‘, doch mit den beiden live auf der Bühne hatte ich meine helle Freude an den Stücken.
Insgesamt hatte ich einen tollen Nachmittag, doch dafür, dass ich mich so lange darauf gefreut hatte, es zu sehen, hat es mich nicht ganz so begeistert wie erwartet. Da ich dieses Phänomen schon bei Rebecca in Stuttgart erlebt habe, werde ich mir das Stück bei meinem nächsten Londontrip im Oktober auf jeden Fall nochmal ansehen – mit erfüllbarer Erwartungshaltung.

1 Kommentar:

  1. Hast du die Tickets spontan gekauft oder vorbestellt ? Wenn spontan wo hast du sie gekauft und wie viele stunden vor vorstellungsbeginn ?

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